Resilienz: Das Immunsystem der Seele / Teil 1

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Ihr kennt sicherlich auch solche Menschen, die als Stehaufmännchen durchs Leben gehen. Egal wie oft sie hinfallen, oder wie tief sie auch stürzen: Sie stehen immer wieder auf, nach meinem derzeitigen Lieblingsmotto: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weitergehen!“ Sie haben etwas, was in Expertenkreisen mit Resilienz bezeichnet wird. Es bezeichnet die Fähigkeit nach einer Störung wieder zum Grundzustand zurückzukehren. Schon das lateinische Ursprungswort „resilire“ bedeutet so viel wie zurückspringen, abprallen. Mit anderen Worten: Resiliente Menschen erhalten ihre psychische Gesundheit unter Bedingungen, an denen andere vielleicht zerbrochen wären. Resilienz ist also die Immunkraft der Psyche. Die meisten von euch kennen viele Faktoren, die unsere körperliche Immunkraft stärken. Ich möchte euch in nun mit dem psychischen Vitamin C bekanntmachen: Resilienz  - wie ihr sie erwerben könnt und euren Kindern vermittelt.  

 

Es ist das archetypische „Phönix aus der Asche“ Prinzip, das einlädt sich zu schütteln, Ballast abzuwerfen, die Krallen zu adjustieren und erneut die Flügel auszubreiten. Fertig zum Flug? 

 

Hinfallen

Hinfallen ist keine Schande. Es passiert den Erfolgsreichsten und im Nachhinein betrachtet kann es das Beste sein, was uns passieren konnte. Wer einen Fall gut überstehen möchte, ist gut beraten sich in Geschmeidigkeit zu üben. Je starrer die eigenen Systeme gestrickt sind, umso schmerzhafter wird die Landung am Boden sein, umso größer ist die Verletzungsgefahr. Sich geschmeidig abrollen zu können, ist eine Fähigkeit, die erlernt werden kann. Mein Großvater ist mit 80 Jahren beim Birnenpflücken von der Leiter gefallen - auf einen gepflasterten Untergrund - hat sich abgerollt, geschüttelt und hatte außer ein paar blauen Flecken nichts zu beklagen. Mir blieb beim Zuschauen fast das Herz stehen, aber er stand einfach auf und sagte: „Abrollen“. Und so war er Zeit seines Lebens, das wahrlich nicht immer einfach war. Sein Motto lautete stets: geschmeidig bleiben!

Menschen, die hingefallen sind, können unter Umständen erst ziemlich orientierungslos sein. Die Aufforderung „einfach“ aufzustehen wird daher oft als Hohn empfunden. Insofern kann es auch Sinn machen, sich Zeit zu geben, um sich zurechtzufinden. Sofort wieder hochzuschnellen kann da eine Überforderung sein. Wir sind eben keine mechanischen Stehaufmännchen. So wie es in Trauerphasen auch nötig ist, die Trauer richtig zu spüren, damit sie nicht steckenbleibt, ist es auch im Falle eines „Falles“ eine gute Idee das anzunehmen, was gerade ist. Dies zu entdecken fällt leichter, wenn wir uns in Hingabe an die Situation üben. Vielleicht auch mal ein wenig zu klagen. In Kulturen, in denen Klageweiber etabliert waren (oder noch immer sind), findet Trauer einen Ausdruck und kann sich dadurch auch verwandeln und transformieren. 

 

Aufstehen

Wenn der wahre Grund für das Hinfallen erkannt und angenommen wurde, ist es Zeit wieder aufzustehen – oder sich vielleicht auch erst einmal aufzusetzen. Wir sollten uns da nicht unter Druck setzen und meinen sofort wieder funktionieren zu müssen. Manchmal fallen wir hin, weil es da unten etwas gab, das wir finden sollten. Aufstehen heißt dann das Alte, nicht mehr benötigte liegen zu lassen, sich davon zu lösen, um den Blick befreit und inspiriert nach vorne zu richten. Dabei wird das mitgenommen, was wir dort unten entdeckt haben. Aufstehen bedeutet auch Pläne zu schmieden. Sich auf das Kommende zu freuen – es bereits als Vision am Horizont zu erkennen. Wer aufsteht, erklärt damit: ich bin bereit zu heilen und dafür selbst die Verantwortung zu übernehmen. Es beinhaltet sich aufzurichten und Haltung anzunehmen. Das Kreuz durchdrücken, die Schultern nach unten senken, den Kopf heben. Bevor wir weitergehen, kommt jedoch noch ein wichtiger Punkt, der nur zu oft vergessen wird:

 

Krone richten

Wer hingefallen ist, hat unter Umständen seine Krone verloren oder sie hängt schief. Sprich: das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten kann beschädigt sein. Sich wieder seiner eigenen Stärken, Fähigkeiten und Talente bewusst zu werden, brachliegendes Potential wieder zu beleben ist eine Voraussetzung, um dem Leben wieder mit neuem Mut begegnen zu können. Wir können neue Pläne und Vorhaben nur erfolgreich umsetzen, wenn wir wieder unsere Krone tragen und in unserer Mitte weilen. Durch den Fall haben wir neue Erfahrungen gewonnen, sind reifer und stärker. Dieses Wissen steht uns jetzt als Schatz zur Seite und lässt die Juwelen unserer Krone erleuchten.

 

Weitergehen

Aufgestandene – also resiliente Menschen - können Zeugnis ablegen, dass Wunden heilen können. Sie tragen zwar Narben, aber diese verblassen mit jedem Schritt in die Zukunft mehr und mehr bis sie nur noch der Erinnerung dienen. Nun wird der Weg weitergesetzt: Mit neuer Kraft können Pläne endlich Wirklichkeit werden. Es ist Erntezeit, Zeit des Dankes und der Freude! Der Kreis hat sich wieder einmal geschlossen.

Für eure Ideen und Anmerkungen bin ich wie immer sehr dankbar!